Leider ging die Geschichte für Cornelia Heise, Dörte Helm Heises damals 2 jähriger Tochter, in den dunklen Zeiten bis 1945 nicht so weiter, wie sich Hugo Sieker in seiner sehr schönen Grabrede es sich für sie gewünscht hat. Dörtes Mann Heinrich Heise musste an die Front und so kam Cornelia zu ihrer Großmutter Alice Helm und ihrem Großvater Rudolf Helm nach Berlin. Alice als Jüdin und somit auch ihr Mann Rudolf spürten schon extrem die Einschränkungen und Schikanen des Regimes. Cornelia sollte so schnell wie möglich aus Berlin raus. Heinrich Heise heiratete etwas später Lissi Bothmann, eine Kollegin von ihm bei der Funkwacht in Hamburg, in Abwesenheit – er an der Front und sie im Standesamt in Hamburg. Lissi Bothmann kannte die Familie und auch Dörte und ihre Eltern schon einige Jahre. Cornelia kam zu Lissi nach Hamburg und sie zogen in die gemeinsame Wohnung von Dörte und Heinrich nach Fuhlsbüttel. Heinrich kam etwas später von einem Fronturlaub zu den beiden nach Hamburg für einige Wochen bevor er wieder an die Front musste – er sollte nie mehr zurückkehren und gilt als vermisst an der Ostfront. Bei diesem kurzen Heimatbesuch sollte zum großen Glück für Cornelia noch ihr Bruder Heinrich (Heiner) „entstehen“. Lissi zog Cornelia mit viel Liebe wie ihre eigene Tochter auf. Sie veränderte nichts an dem, von Hugo Sieker beschriebenen, von Dörte eingerichteten Heim mit all den Bildern, Büchern und sonstigen Werken. Es ist sicherlich auch gerade Lissi zu verdanken, dass ein großer Teil von Dörte Helms Werken die fürchterlichen Zeiten des Krieges und die schwierige Nachkriegszeit unbeschadet überstanden hat. Lissi musste als alleinerziehende Mutter zwei kleine Kinder großziehen. Viele Dinge gab es damals nur auf dem Schwarzmarkt ohne den man gar nicht über die Runden kam. Dörte Helms persönliche Sachen und ihre Werke wurden von Lissi nie angetastet hierfür. Dazu kam noch, dass in den Nachkriegsjahren man durch die allgemeine Wohnungsnot seine Wohnung mit Wohnungslosen teilen musste und eine Frau mit ihrem Sohn jahrelang bei Lissi, Heiner und Cornelia einquartiert wurde. Später zog Lissi dann mit ihren Kindern in ein eigenes Haus um – die Werke von Dörte Helm zogen unbeschadet mit und blieben uns somit bis heute erhalten. Die Werke Dörte Helms, die nicht im Besitz ihrer Tochter Cornelia sind, sondern sich im Besitz der Familien von Dörte Helms Schwestern oder engen Freunden von Dörte Helm befinden, haben all die Jahre bis heute überstanden, weil sie stets geliebt und in Ehren gehalten wurden und bei allen einen besonderen Platz in ihrem Leben und Herzen eingenommen haben.
Dörte Helm geriet für die Öffentlichkeit in Vergessenheit. Erst nach Öffnung der Grenzen zur damaligen DDR kam mit Dr. Peter Palme, damals Kustus der Kunstsammlungen der Universität Rostock, jemand auf Cornelia Heise zu, um das Werk Dörte Helms wieder neu zu entdecken. Erst Jahre später im Jahr 2007 gab es dann die erste tolle Ausstellung im Kunstkaten Ahrenshoop, damals unter der Leitung von Sabine Jastram Porsche und der Kuratorin Dr. Katrin Arrieta. Weitere Ausstellungen sollten folgen wie z.B. 2009 in Weimar im Haus am Horn unter der Leitung von Michael Siebenbrodt. Zuletzt präsentierte Alexander Gehrke mit seiner Galerie Joost van Mar in Warnemünde und bei einer Ausstellung in Rostock 2019 einige Werke Dörte Helms der Öffentlichkeit. Auch in der Buchlandschaft geriet Dörte Helm in Vergessenheit. Sie wird zwar sporadisch in einigen Veröffentlichungen über das Bauhaus erwähnt, spielt aber eigentlich keine Rolle in allen Publikationen über die Geschichte des Bauhauses bis zum heutigen Tage. Erst Ulrike Müller in ihrem Buch „Bauhausfrauen“ von 2019 widmet Dörte Helm einen großen Teil – in den davor erschienen Ausgaben wird Dörte Helm nur am Rande erwähnt. Zum 100 jährigen Jubiläum des Bauhauses in Weimar 2019 wird die Öffentlichkeit allgemein wieder mehr auf das Bauhaus aufmerksam. So natürlich auch das Fernsehen, welches sich Dörte Helm aus verschiedenen Gründen, für uns als Familie von Dörte überraschender Weise, zum Teil als Hauptfigur dieser spannenden Anfangszeit des Bauhauses herausgesucht hat. In dem ARD Film „Lotte am Bauhaus“ wird Dörte Helm eine Rolle zu Teil, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Bestes Beispiel dafür ist, dass Dörte nie am Bauhaus in Dessau war – schon gar nicht bei der Eröffnungsfeier. Weder ARD noch die Produktionsfirma oder andere Beteiligte an diesem Film oder die Schauspielerin, die Dörte in dem Film spielt, sind je an uns herangetreten und haben uns über den Film informiert oder etwas gefragt über Dörte Helm.
Bei der 6 Teiligen Serie „Die Neue Zeit“ von ZDF und ARTE von zero one film und Lars Kraume liegt die Sache etwas anders: hier wurden wir gefragt und mit einbezogen und Anna Maria Mühe, als Darstellerin von Dörte Helm in der Serie, hat sich auch mit Cornelia Heise getroffen um mehr über ihre Mutter zu erfahren. Einen Einfluss auf das Drehbuch hatte sie allerdings nicht und es bleibt festzuhalten, dass es sich bei der Serie um Fiktion und nicht um Realität handelt! Wie Thomas Kufus, Produzent der Serie und Geschäftsführer von zero one film meinte: „Es ist Fiktion – so dicht an der Wahrheit wie möglich!“
Wir lassen das hier unkommentiert und möchten mit dieser Homepage von Dörte Helm allen Interessierten die Möglichkeit bieten, einen kleinen Einblick in das Leben und Wirken der „wahren“ Dörte Helm zu bekommen.
Dörte Helm hinterließ eine Tochter und hätte heute einen Enkel und eine Urenkelin.
Arbeiten von ihr befinden sich heute unter anderem im Bauhaus Archiv Berlin, im Bauhaus Museum Weimar, im Kunstmuseum Ahrenshoop, im Kulturhistorischen Museum in Rostock, im Stadtmuseum in Kassel, im Centre Pompidou Paris, im Tate Museum London, im Moma New York.
Philip Heise, August 2019